Kurzgeschichten

Die Osterhasen-Spiele

Hoppelbert war ein einzigartiges und überaus fleißiges kleines Häschen. Schon immer träumte er davon, bei den weltbekannten Osterhasen-Spielen teilzunehmen. Jedes Jahr reisten Hasen aus der ganzen Welt zu diesem Spektakel an, um im versteckten Hasenwald in Grüntal zu zeigen, wer der Beste ist. Der erste Preis war heiß begehrt. Denn der Sieger der Osterhasen-Spiele wurde zum neuen jährlichen Osterhasen gekürt. Kein Wunder, dass Hasen aus der ganzen Welt anreisten. Es ging schließlich um den Job des Osterhasen. Hoppelbert konnte es kaum erwarten. Am ersten August war es endlich soweit. Die Osterhasen-Spiele begannen.

In der ersten Disziplin ging es um die Geschicklichkeit, der Hasen. Jeder von ihnen bekam einen vollgepackten Rucksack, gefüllt mit Eiern, auf den Rücken geschnallt. Nacheinander hoppelten die Häschen durch einen Parkour, der über Steine, durch kleine Blumenbeete und über Wurzeln führte. Alle Hasen, die es schafften die Eier in dem Rucksack heil ins Ziel zu bringen, kamen eine Runde weiter. Als Hoppelbert gerade seine Runde starten wollte, gab es plötzlich lautes Getuschel unter den Hasen. 

„Guckt mal den an.“, hörte Hoppelbert die Häschen sagen. „Der hat ja riesige Schlappohren. Das gab es ja noch nie.“ „Und der möchte Osterhase werden. Der wird doch über seine eigenen Ohren stolpern“, sagte das Häschen mit den schlanken hochgewachsenen Ohren hinter Hoppelbert und lachte. Hoppelbert machte das Gerede aber überhaupt nichts aus. Er nahm seine Ohren in seine Pfoten und murmelte dabei: „Hasenohr, noch ein Hasenohr, schieß ein Tor.“ Und machte sich einen Knoten in die Ohren. Die anderen Hasen staunten und starrten Hoppelbert verwundert an. Einen Hasen mit Knoten in den Ohren hatten sie wirklich noch nie gesehen. Dann fiel der Startschuss und Hoppelbert stürmte los. Er war nicht nur geschickt, sondern auch überaus schnell. So war es nicht verwunderlich, dass er mit unversehrten Eiern ins Ziel kam und eine Runde weiter war.

In der zweiten Disziplin ging es um die Weitsprünge der Hasen. Mit Anlauf hüpften die Häschchen über ein Blumenbeet, das drei Meter lang war. Nur diejenigen die es schafften, kamen in die dritte und letzte Runde. Es gab spektakuläre Sprünge. Manche Hasen schlugen Haken und drehten sich in der Luft. Nicht alle schafften es über das Blumenbeet und landeten unsanft in den Blumen. Als Hoppelbert an der Reihe war, wurde es diesmal Mucksmäuschen still. Alle starrten ihn an. Nur das Häschen mit den schlanken und hochgewachsenen Ohren, das sich bereits für die dritte und letzten Runde qualifiziert hatte, flüsterte zu dem Nachbarhasen: „Die Ohren von dem sind doch viel zu schwer. Niemals wird er mit den Schlappohren soweit und hochhüpfen können, wie ich mit meinen schlanken Ohren.“ Hoppelbert nahm Anlauf und sprang. Seine Ohren sahen dabei aus wie der Propeller eines Hubschraubers und ließen ihn hoch und weit über das Blumenbeet fliegen. Die Hasen staunten. Manche von ihnen applaudierten sogar. So etwas hatten sie wirklich noch nie gesehen. Hoppelbert machte eine kleine Verbeugung und freute sich, dass auch er es in die letzte Runde geschafft hatte.

Die dritte und letzte Disziplin war ein Wettrennen. Neben Hoppelbert, gab es noch den Hasen mit den schlanken hochgewachsenen Ohren und drei andere Hasen, die es bis hierher geschafft hatten. Nun ging es um die Möhre. Der Sieger würde der neue Osterhase werden. Alle waren aufgeregt. Auch Hoppelbert. Alle fünf Hasen schnallten sich wieder ihren Rucksack mit den Eiern auf den Rücken und hoppelten an die Startlinie. Die Rennstrecke führte durch den Wald, über Stock und Stein und schließlich über einen breiten Fluss, den die Hasen mit einem Sprung, überqueren mussten. Als der Startschuss ertönte, hoppelten die fünf mit rasantem Tempo los. Hoppelbert und das Häschen mit den schlanken hochgewachsenen Ohren vorne weg. Sie waren so schnell, dass die anderen drei Hasen Mühe hatten, ihnen zu folgen. Bei der dritten Abzweigung hoppelte Hoppelbert an dem Hasen mit den schlanken hochgewachsenen Ohren vorbei und kam als Erster auf den breiten Fluss zu. Mit einem eleganten Sprung überquerte Hoppelbert den Fluss und hoppelte geradewegs auf die Zielgerade zu. Die Zuschauer-Hasen tobten und feuerten Hoppelbert an. Als plötzlich ein lautes Platschen zu hören war. Das Häschen mit den hochgewachsenen Ohren war in den Fluss gestürzt. Sein Sprung war nicht weit genug gewesen. Nun paddelte es im Wasser und rief nach Hilfe. Hoppelbert bremste mit seinen großen Pfoten, machte kehrt und eilte zurück zum Fluss. In der Zwischenzeit hoppelten die anderen drei Häschen an ihm vorbei in Richtung Ziel. Hoppelbert aber war das egal. Er steuerte auf den Fluss zu und öffnete seine verknoteten Ohren und hüpfte an das Ufer. „Hier!“, rief er zu dem wild strampelnden Hasen im Wasser. „Halte dich an einem meiner Ohren fest. Ich ziehe dich raus.“ In der Zwischenzeit waren alle anderen Hasen neugierig herbeigeeilt und beobachteten Hoppelbert, wie er den Hasen mit den hochgewachsenen Ohren mit HIlfe seiner Schlappohren aus dem Wasser ans sichere Ufer zog. Völlig außer Puste keuchte das Häschen: „Vielen Dank Hoppelbert. Du hast mir das Leben mit deinen Schlappohren gerettet.“ „Das war doch klar“, antwortete Hoppelbert fröhlich. „Meine Ohren sind eben etwas ganz besonderes.“ Alle Hasen applaudierten und riefen: „Hoppelbert muss unser neuer Osterhase werden.“ 

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