Allgemein, Kurzgeschichten

Die Garten-Oase

Eines Tages nach der Schule lief Anton durch die Schrebergärten in der Nachbarschaft und kletterte auf einen der Zäune, um die vielen Gärten zu bewundern. Sie waren alle unterschiedlich. Manche von ihnen hatten ganz viele bunte Blumen gepflanzt. Andere wiederum schmückten Gemüsebeete und Obstbäume. Doch ein Garten gefiel Anton am meisten. Er war ganz anders als die anderen. Verwildert und geheimnisvoll. Der Garten versteckte sich ganz hinten in der Ecke. Dichtes grünes Gestrüpp umgab ihn und verdeckte die Sicht auf das, was sich dahinter verbarg. So sehr Anton seinen Kopf auch reckte und streckte, er konnte von hier aus nicht viel erkennen. Er musste näher heran. Anton kletterte über den Zaun. Er schlich vorsichtig zwischen den anderen Gärten hindurch bis er vor dem dichten Gestrüpp stand. Anton drehte sich noch einmal in alle Richtungen, um auch sicherzugehen, dass ihn niemand beobachtet hatte, und schlüpfte schließlich hindurch. 

Als er endlich die andere Seite des Gestrüpps erreichte, traute er seinen Augen nicht. Er stand mitten in einer grünen Oase. Die vielen Blumen glitzerten und funkelten in den schönsten Farben. Es duftete herrlich nach Pfannkuchen, Erdbeermarmelade und anderen köstlichen Dingen. An den Bäumen hingen seltsam geformte Früchte, die Anton noch nie zuvor gesehen hatte. In der Ferne thronte ein Baumhaus im Blätterdach eines alten Nussbaums. Plötzlich huschte vor ihm etwas durch das hohe Gras. Anton blieb wie angewurzelt stehen und entdeckte ein merkwürdiges Wesen. Es saß zwischen den hohen Gräsern und starrte ihn mit großen schwarzen Kulleraugen an. „Was willst du in meinem Garten?“, fragte das kleine Kerlchen sauer. „Ich habe dich nicht eingeladen.“ Anton zuckte. „Entschuldigung. Ich war nur so furchtbar neugierig, was sich hinter dem Gestrüpp verbirgt.“ 

Das merkwürdige Wesen kam vorsichtig auf ihn zu. „Neugierige Schnüffelnasen kann ich nicht ausstehen“, sagte das Kerlchen und grummelte vor sich hin. Und da sah Anton erst, mit wem er da gerade redete. Vor ihm stand ein waschechter Gartenkobold mit einer wilden Mähne aus Blättern und Sträuchern auf dem Kopf. Er hatte schon viel über sie gelesen, aber begegnet war er bis heute noch keinem. „Du bist ja ein Gartenkobold.“, rief Anton begeistert. „Das wird mir keiner glauben.“ Neugierig beugte er sich zum Kobold hinunter. Gerade als er seine Finger nach dem kleinen Kerlchen ausstrecken wollte, bekam Anton eine Ladung Glitzerstaub in seine Augen. Er kam ins Straucheln, fiel hin und rieb sich seine brennenden Augen. „Aua, na warte.“, rief er. „Wenn ich dich erwische.“ In der Ferne hörte er den Kobold kichern. Anton rieb sich den letzten Staub aus den Augen und sah sich erstaunt um. Er saß plötzlich wieder vor dem Gestrüpp, durch dass er vorhin hindurchgeschlüpft war. „Wie ist das nur möglich“, murmelte er kopfschüttelnd. Eine tiefe Männerstimme lies ihn zusammenzucken. „Hey mein Junge, das ist ein Privatgelände. Du hast hier nichts zu suchen.“ Anton nickte wortlos, stand auf und lief davon. Er war sich aber sicher, dass er noch einmal hierher zurückkehren würde.